»Groß ist die Kraft der Erinnerung, die Orten innewohnt«.
Cicero, De finibus bonorum et malorum
Kommunikation ist das A und O gegen Verschwörumgsmythen
Artikel aus dem Lokalkompass Unna, vom 16. April 2021:
Kommunikation und Infos sind A und O gegen Verschwörungsmythen
Autor: Tobias Weskamp
Warum flüchten Menschen und warum glauben manche, dass dahinter eine Verschwörung stecke: Um diese und andere Themen ging es bei einer Digitalkonferenz zum Thema „Migration, Flucht und Verschwörungsmythen“ im Rahmen des Projekts „Fluchtwege“.In der Videokonferenz zu dem Projekt „Fluchtwege“ ging es um das Thema „Migration, Flucht und Verschwörungsmythen“. Gemeinsam mit der Moderatorin, Journalistin Ida Haltaufderheide, sprachen verschiedene ExpertInnen über Verschwörungsmythen, speziell im Bereich der Migration und Flucht.
Ein Drittel der Menschen in Deutschland halten es laut „Fluchtwege“ für sicher oder wahrscheinlich, dass geheime Mächte die Geschicke der Welt lenken. Ein möglicher Zufall bei Ereignissen wird meist bestritten. Unter anderem gibt es die Behauptung des geplanten „Bevölkerungsaustausches“: In der „westlichen Welt“ sollen die Menschen ausgelöscht und ersetzt werden - mittels einer gesteuerten Einwanderung aus Afrika und islamischen Gesellschaften, auch als „Migrationswaffe“ bezeichnet. „Verschwörung hat immer einen geheimen Charakter. ‚Wir‘ sollen nicht wissen, dass ‚die‘ es tun“, beschreibt Dr. Ingo Dammer (Psychologie).
„Internet und Social Media spielen in dem Zusammenhang eine große Rolle“, erklärte Ida Haltaufderheide. Wie Gregor Hohenberg, Professor für Neue Medien, beschrieb, spiegelt sich alles, was wir tun, auch im Internet. „Wenn etwas nicht im Internet steht, gilt es nicht als wahr.“ Er verwies dabei auf Berichte über US-Schüler, die auch auf Mythen um die Mondlandung – diese habe gar nicht stattgefunden – zurückgriffen, und darauf, dass Wikipedia-Einträge über die Verschwörungstheorie länger sind als über die Mondlandung selbst. „Wichtig ist es vor allem, dass Infos schnell und adäquat veröffentlicht werden. Und möglichst 1:1“, wies Gregor Hohenberg hin. Medienkompetenz sei ebenfalls besonders wichtig.
Es gibt Studien, die besagen, dass ein großer Teil der Deutschen glaubt, dass die deutsche Bevölkerung unterwandert werde, berichtet Rahel Schomaker, Professorin für Migration und Nahen Osten. „Sie sagen, die Familie würde in den entsprechenden Ländern besonders gefördert. Das wird sie aber auch bei uns.“ Auch kämen nicht alle Flüchtlinge nach Europa: „Viele bleiben bereits im Nachbarland. Es ist gerade mal ein Zehntel, dass bis Europa kommt“, stellt Ksenija Sakelsek, Vorsitzende des Integrationsrates der Kreisstadt Unna, klar. Und die Auswirkungen der Migrationswelle von 2015 waren für den Kreis Unna sehr gering: „Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen viel mehr“, so Till Knoche, Bereichsleiter Kreisstadt Unna.
Auch Migranten können von Verschwörungsmythen betroffen sein, wie Ksenija Sakelsek beschrieb. Besonders wenn sie keine Arbeit und keine Kontakte hätten, seien sie besonders anfällig. „Medien werden oft als staatliche Organe wahrgenommen, weil das in den Herkunftsländern auch oft so ist“, gibt Rahel Schomaker zu bedenken. Auch das Ehrenamt könne helfen, sie vor Mythen resilienter zu machen, sagt Till Knoche.
Mindestens 40 Teilnehmer wohnten der digitalen Veranstaltung bei. Einige beteiligten sich auch, so wie der User „Willi“, der darauf hinwies, dass auch Regierungen mit Lügen und Verschwörungen arbeiteten. Er verwies dabei auf die Anschläge auf das World Trade Center und das Pentagon am 9. September 2001. Eine weitere Teilnehmerin erklärte, es komme vor allem darauf an, gestörte Kommunikation zu vermeiden. Petra Weber, Ratsmitglied der Linken im Kreis, dankte Unna, dass viel für ein gutes Zusammenleben getan werde. „Es ist wichtig, dass die Menschen sich begegnen und miteinander reden.“
„Fluchtwege Unna“ ist ein Projekt der interkulturellen Bildung im Auftrag des Bundesministeriums des Innern bzw. des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge und wird von der Werkstatt im Kreis Unna durchgeführt. „Es ist direkt für uns konzipiert“, erklärt Michael Koch von der Werkstatt. Bis Ende des Jahres 2022 ist geplant, die unterschiedlichen Wege historischer und aktueller Migration nach Deutschland und Unna darzustellen. Dabei geht es vor allem um die Geschichte und Geschichten der MigrantInnen. Kultur, Soziales und Politik im Rahmen der Erfahrung von Flucht, Vertreibung und Auswanderung und dem Ankommen in Unna sollen dabei dokumentiert werden.
Während des Projektes sollen digitale und „reale“ Rundgänge durch Unna entwickelt werden. Diese sollen allen Interessierten die Stationen von Flucht und Einwanderung – sowohl historisch als auch aktuell – vermitteln. Ziel ist es vor allem, Menschen unterschiedlicher Herkunft in der Stadt Unna zusammenzuführen.
Link zum Originalartikel: